1885

1907

1885 — 1907

Künstler werden Piet Mondrians Ausbildung

Mondrians Vater glaubt, dass sein Sohn keinen Erfolg als freischaffender Künstler haben wird.
Ein freischaffender Künstler arbeitet selbständig und ist nicht angestellt.
Mondrians Vater möchte, dass Mondrian Kunst- und Zeichenlehrer wird.

um 1901
Piet Mondrian beim Malen in seinem Atelier, rechts ein Unbekannter

Aber Mondrian hält sich nicht an den Rat seines Vaters.
Er geht für ein Kunststudium nach Amsterdam.
1892 besteht er die Aufnahmeprüfung für die Rijksakademie beim zweiten Versuch.
In der Kunst-Akademie lernen die Student*innen vor allem den Mal-Stil der Haager Schule.
Sie können dort fast keine neuen Mal-Stile ausprobieren.
Die Professoren der Kunst-Akademie sehen neue Mal-Stile nicht gerne.

1892
Porträt von Piet Mondrian

Mondrian verdient sein Geld mit verschiedenen künstlerischen Arbeiten: Er unterrichtet Schüler*innen im Zeichnen, malt Bilder in Museen ab oder zeichnet Porträts, also Abbildungen von Personen.

Doch das Geld reicht nicht und Mondrian muss mehr arbeiten.
Deshalb besucht er ab 1894 keine Tageskurse mehr, sondern nur noch die Abendkurse im Zeichnen.
1895 beendet Mondrian sein Studium.

ca. 1875
A. Jager, De Rijksacademie van Beeldende Kunsten

1908

1911

1908 — 1911

Die Welt verstehen durch Abstraktion Mondrian und die Theosophie

Anfang des 20. Jahrhunderts interessieren sich viele Künstler*innen für die Theosophie.
Diese Philosophie vermischt religiöse und natur-philosophische Lehren.
Die Theosoph*innen möchten ihren Geist schulen und innerlich weise werden.
So möchten sie das Göttliche in der Welt erfahren.

Für die meisten anderen Menschen sind in dieser Zeit äußere Dinge wichtig, zum Beispiel Geld, Besitz und Technik.

1911
Molen (Mühle); Die rote Mühle
1909 — 1910
Zon, Kerk in Zeeland (Sonne, Kirche in Zeeland); Kirchenfassade in Zoutelande

Mondrians calvinistische Weltanschauung entwickelt sich durch die Theosophie weiter.
Der Calvinismus ist eine sehr strenge religiöse Glaubensrichtungslehre.
Die Calvinist*innen betonen die unbedingte Heiligkeit Gottes und richten ihr Handeln nur darauf aus.
1909 wird Mondrian Mitglied der Theosophischen Gesellschaft in den Niederlanden.

1908
Reihe von elf Pappeln in Rot, Gelb, Blau und Grün

Mondrian drückt seine neue Welterkenntnis mit seinem abstrakten Mal-Stil aus.
Er will nicht mehr lebensecht malen wie die Künstler der Haager Schule.
Er betont jetzt hauptsächlich die Formen und Farben von Gegenständen.

1809
Farbenkreis, aquarellierte Federzeichnung von Goethe

Außerdem interessiert sich Mondrian für die Farben-Lehre des deutschen Dichters Johann Wolfgang von Goethe.
Er benutzt deshalb nun meistens die Farben Rot, Gelb und Blau.

1911

1914

1911 — 1914

Schönes Zeitalter Paris in den 1910er Jahren

1911 möchte Mondrian mehr von der Welt sehen und reist in die französische Hauptstadt Paris.
Dort treffen sich in dieser Zeit viele Künstler*innen aus der ganzen Welt in Cafés, Restaurants und Buchhandlungen.
Sie sprechen über Kunst und Kultur und entwickeln neue Ideen.

Auch in der Wissenschaft und Technik gibt es viele Fortschritte.
Man nennt diese Zeit deshalb die „Belle Époque“.
Das ist Französisch und bedeutet Schönes Zeitalter.
Doch nicht allen Menschen geht es damals gut.
Es gibt viel Armut, Kriminalität und zu wenige Wohnungen.
Denn wegen der Industrialisierung ziehen sehr viele Menschen vom Land in die Stadt, um dort in den Fabriken zu arbeiten.

  • 1912
    Paris, église de la rue Réaumur
  • 1912
    Notre-Dame [de Paris] : [photographie de presse] / [Agence Rol]
  • 11 April 1912
    Circulation autour d'un kiosque signal, ancêtre du feu tricolore
  • 30 Januar 1912
    30-1-12, grue du Boulevard des Italiens : [photographie de presse] / [Agence Rol]
  • 1912
    Fortifications [une femme traitant de la laine] : [photographie de presse] / [Agence Rol]

Ab 1912 ist auch Mondrian ein Teil der Pariser Künstler*innen-Szene.
Er ist vom Kubismus beeinflusst und entwickelt seinen eigenen Mal-Stil der Formen und der Abstraktion.

1914 fährt Mondrian zu Besuch in die Niederlande.
Im selben Jahr beginnt der Erste Weltkrieg.
Deshalb kann Mondrian nicht nach Frankreich zurückkehren.

1914

1920

1914 — 1920

Zwischen Aufbruch und Stillstand Die 1920er Jahre

Die politische Situation in Europa ist in den 1920er Jahren sehr unsicher.
Aber die internationale Kunst entwickelt sich sehr gut.
Viele Künstler*innen auf der ganzen Welt kritisieren mit ihren Werken die aktuelle Gesellschaft und ihre Probleme.
Dadurch entstehen neue Ausdrucksformen in der Kunst.

Im Ersten Weltkrieg bleiben die Niederlande neutral, das heißt: Das Land unterstützt keine der kriegsführenden Parteien und beteiligt sich nicht am Krieg.

Eine wichtige neue Kunst-Gruppe entsteht dort.
Sie heißt „De Stijl“.
Die Gründungs-Mitglieder von „De Stijl“ sind die Künstler Theo van Doesburg, Piet Mondrian, Bart van der Leck und Gerrit Rietveld.
Sie sind hoffnungsvoll und wollen die Welt in allen Lebensbereichen neu gestalten.
Mondrian malt nun mit leuchtenden Grundfarben.
Mit diesen Farben drückt er den Optimismus der Kunst-Gruppe aus.

1917
Titelbild der ersten Ausgabe der von Theo van Doesburg herausgegebenen Zeitschrift De Stijl

Van Doesburg ist auch der Herausgeber der Zeitschrift „De Stijl“.
In dieser Zeitschrift können internationale Künstler*innen und Theoretiker*innen bis ins Jahr 1931 ihre Meinungen veröffentlichen.
Es gibt in der Zeitschrift die Bereiche Bildende Kunst, Architektur und Städtebau, Musik, Film und Literatur.
Die Künstler*innen dieser Gruppe arbeiten im Stil der künstlerischen Abstraktion.
Das heißt, dass sie nur wenige Formen und Farben verwenden.

  • ca. 1926
    Porträt von Piet Mondrian
  • ca. 1922
    Theo van Doesburg
  • 03.12.1956
    Porträt von Bart van der Leck
  • ca. 1927
    Porträt von Gerrit Rietveld

1918 ist der Erste Weltkrieg zu Ende.
Ein Jahr später reist Mondrian wieder nach Frankreich.
Er findet, dass sich die Kunst-Szene in Paris sehr verändert hat.
Die Ideen der Künstler*innen sind nicht mehr so gesellschafts-kritisch wie bei seinem ersten Frankreich-Aufenthalt von 1911 bis 1914.
Mondrian glaubt aber immer noch, dass Kunst wichtig ist für eine friedliche Gesellschaft.
Dazu gehören auch gegensätzliche Meinungen und neue Ideen.

Mondrian mietet ein neues Atelier in der Rue de Coulmiers Nummer 5.
Er gestaltet das Atelier im Stil des Neo-Plastizismus, also der Neuen Gestaltung.
Die Möbel und die Bilder an den Wänden sind vor allem rechteckig und haben die Grundfarben Rot, Gelb und Blau.

Doch den Menschen in Paris gefällt Mondrians Stil des Neo-Plastizismus nicht.
Sie können seine Idee der vollständigen Abstraktion nicht verstehen.
Deshalb verdient Mondrian wieder sehr wenig Geld.
Er überlegt, mit dem Malen aufzuhören und sich eine andere Arbeit zu suchen.
Nur mit Blumenbildern kann er manchmal ein bisschen Geld verdienen.

  • Oktober 1933
    Piet Mondrian in seinem Pariser Atelier
  • ca. 1929
    Porträt von Piet Mondrian in seinem Atelier in 26, rue du Départ, Paris
  • August 1930
    Piet Mondrian in seinem Atelier mit Composition en Blanc et noir I/Composition No.II im Hintergrund, Paris

1920

1944

1920 — 1944

Frei sein Flucht und Auswanderung

Seit den 1920er Jahren gibt es in vielen europäischen Ländern keine demokratischen Regierungen mehr.
Im Januar 1933 wird Adolf Hitler zum Reichskanzler der Deutschen Republik ernannt.
Daraufhin weitet die national-sozialistische Diktatur ihre Macht über die Grenzen Deutschlands aus.
Die Nazis bestimmen auch die Kultur-Politik.

1937 gibt es in München die Propaganda-Ausstellung „Entartete Kunst“.
Die Nazis nennen Kunstwerke von Künstler*innen mit neuen Ideen „entartet“.
Auch Bilder von Piet Mondrian werden dort gezeigt.
Die Künstler*innen von sogenannten „entarteten“ Kunstwerken werden seit 1933 von den Nazis ausgegrenzt und verfolgt.

1937
Ausstellung „Entartete Kunst“ im Galeriegebäude am Münchener Hofgarten (Eröffnung am 19. Juli 1937)

Am 1. September 1939 überfallen deutsche Soldaten das Nachbarland Polen.
Damit beginnt der Zweite Weltkrieg. Viele europäische Künstler*innen flüchten ins Ausland, zum Beispiel Max Beckmann, Salvador Dali, Max Ernst, Wassily Kandinsky, Lotte Lasterstein, Kurt Schwitters und Sophie Taueber-Arp.

Die Kriegsgefahr in Frankreich wird immer größer.
Deshalb flieht Mondrian 1938 von Paris nach London.
Ende 1940 reist er weiter nach New York. Hier kann er ohne Bedrohung leben und arbeiten.

1940 schreibt Mondrian einen Text mit dem Titel „Art Shows the Evil of Nazi and Soviet Oppressive Tendencies“.
Das ist Englisch und bedeutet „Kunst zeigt das Böse der nationalsozialistischen und die sowjetischen Unterdrückungs-Tendenzen“.
Später ändert er den Titel in „Liberation and Oppression in Art and Life“, also „Befreiung und Unterdrückung in Kunst und Leben“.

Sein Freund Harry Holtzmann macht Mondrian mit der New Yorker Kunstszene bekannt.
Mondrian gefällt das energische Leben, die Clubs und vor allem die Musik der großen Stadt.
Trotzdem verbringt er viel Zeit in seinem Atelier.
Dort verarbeitet er seine Eindrücke und probiert neue Mal-Stile aus.
Viele ausgewanderte Künstler*innen und auch amerikanische Künstler*innen treffen sich damals in Mondrians Atelier.

  • 1943
    Piet Mondrian in seinem Atelier
  • 1943
    Piet Mondrian in seinem Atelier
  • 1943
    Piet Mondrian in seinem Atelier
  • 1943
    Piet Mondrian in seinem Atelier
  • 1943
    Piet Mondrian in seinem Atelier
  • 1943
    Piet Mondrian in seinem Atelier

Aktionsraum

Aktionsraum

Das typische Aussehen von Mondrians Kunst

Mondrian ist gerne alleine in seinem Atelier.
Hier denkt er nach und malt seine Bilder.
Mondrians Atelier ist aber auch ein Treffpunkt für andere Menschen: Oft besuchen befreundete Künstler*innen und interessierte Käufer*innen Mondrian in seinem Atelier, um sich auszutauschen und seine Bilder zu betrachten.

Mondrian gestaltet seine Ateliers in Paris, London und New York immer ähnlich: Er malt die Wände weiß.
Außerdem baut er aus Obstkisten einfache Möbel, zum Beispiel Tische und Hocker.
Er schmückt die Wände mit farbigen Kartons und hängt sie immer wieder an anderen Stellen auf.
So untersucht Mondrian die Wirkung der Farben im Raum.
Mondrians Ateliers ähneln also seinen Bildern.
Die Ateliers geben Mondrians Besucher*innen das Gefühl, in einem von seinen Bildern zu sein.

Mondrian beeinflusst mit seinem Mal-Stil viele andere Künstler*innen.
Diese Künstler*innen übernehmen in ihren Bildern und Kunstwerken Mondrians neo-plastische Ideen oder entwickeln sie weiter.
Neo-Plastizismus ist die Bezeichnung für den abstrakten Mal-Stil, den Mondrian in den 1920er Jahren entwickelt.
Also auf seinen späteren Bildern, die er ausschließlich mit Farben und Formen gestaltet.
Der Name bedeutet Neue Gestaltung.
Während Mondrians Lebzeiten sind das zum Beispiel die Mitglieder der niederländischen „De Stijl“-Bewegung oder die Architekt*innen der Kunstschule Bauhaus im deutschen Weimar.
Nach Mondrians Tod beeinflusst seine Kunst verschiedene Designer*innen von Gebrauchsgegenständen oder Mode, zum Beispiel den französischen Modedesigner Yves Saint Laurent.

Mondrians Bildgestaltung aus schwarzen Linien und farbigen Flächen auf weißem Hintergrund wirken sehr einfach.
In Wirklichkeit hat Mondrian jedes Bild sehr gut durchdacht.
Seine Ideen zur Gestaltung von Bildern beeinflussen bis heute viele Künstler*innen.

Harry Holtzman, Das Studio von Piet Mondrian nach seinem Tod